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Die VIA REGIA - Eine Einführung

 

Die Europäische Kulturroute VIA REGIA

Die historische VIA REGIA / Hohe Straße

Die historische VIA REGIA durch Sachsen

Die VIA REGIA in der Region Riesa

Die Kulturroute VIA REGIA in Sachsen

 

Durch das südliche Riesa verläuft die über Oschatz und Großenhain führende alte sächsische Fernhandelsstraße VIA REGIA, ab der frühen Neuzeit wurde sie als Hohe Straße bezeichnet.

2005 wurde die VIA REGIA vom Europarat als Kulturroute zwischen Santiago de Compostela und Kiew ausgezeichnet. 2011 konnten sowohl die Bedeutung der namensgebenden Altstraße durch Sachsen als auch die Idee der transnationalen Kulturroute durch die 3. Sächsische Landesaustellung in Görlitz einem großen öffentlichen Interesse näher gebracht werden.

Während der ökumenische Pilgerweg durch Sachsen, Sachsen Anhalt und Thüringen, der sich auf weite Strecken an der historischen VIA REGIA orientiert, sich großer Bekanntheit erfreut, ist die Europäische Kulturoute (siehe obige Karte) in der Region Riesa bisher noch wenig im öffentlichen Bewußtsein, weshalb sich Anfang 2022 in Riesa eine Initiative für die regionale VIA REGIA bildete.

Die Europäische Kulturroute VIA REGIA

Die Europäische Kulturroute VIA REGIA ist ein Verbund historischer Handelsstraßen zwischen Santiago de Compostela in Nordspanien und Kyiv (Kiew) in der Ukraine. Ein internationales Netzwerk kultureller Initiativen nutzt das Potential der historischen VIA REGIA als Sinnbild der Einigung Europas und wurde im Jahr 2006 als "Kulturroute des Europarates" ausgezeichnet. Kulturroten dienen der Begegnung mit der kulturellen Vielfalt Europas, der Förderung des interkulturellen Dialogs und der Förderung der europäischen Identität. Dieses erweiterte VIA REGIA-Verständnis knüpft an den zentralen und namengebenden Streckenabschnitt in Mitteldeutschland (siehe nächster Abschnitt) beidseitig an und verfolgt dessen Fortsetzungen nach Ost- und Westeuropa. Dabei handelt es sich zweifellos um unterschiedliche Straßensysteme, die zu unterschiedlichen Zeiten in sehr verschiedener Weise ineinander gegriffen haben, die aber die Merkmale einer im großen Maßstab relativ konstanten Wegeführung aufweisen, über die sich viele Jahrhunderte lang Hauptformen des europäischen Ost­West-Austausches vollzogen und mit denen entscheidende Ereignisse in der Geschichte Europas verbunden sind.

Die Initiative für die Revitalisierung der VIA REGIA als europäische Kulturroute erfolgte durch das Europäische Kultur- und Informationszentrum Erfurt. Grundlage der Anerkennung der VIA REGIA als Europäischen Kulturroute ist die Recherche und Konzeption des Altstraßenverbundes durch Dr. Jürgen Fischer.

Die historische VIA REGIA / Hohe Straße

Vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit zählte die VIA REGIA zu den bedeutendsten ost-west-orientierten Verkehrsverbindungen Mitteleuropas. Der Begriff VIA REGIA steht für „königlicher Weg"; was keine bestimmte Straße bezeichnet, sondern den rechtlichen Status einer durch einen König geschützten Straße. Die der Namensgebung der VIA REGIA als Europäische Kulturroute zugrundeliegende Handelsstraße umfasst die Verbindung zwischen Frankfurt/M. und Wroclaw (Breslau) über Erfurt, Naumburg, Leipzig, Großenhain, Görlitz und wird auch als Hohe Straße bezeichnet. Sie vereinte die Funktionen von Handelsstraße, Heerstraße und Pilgerweg. Streckenweise erfuhr sie eine Mehrfachnutzung durch andere Straßensystemen, wie Poststraßen oder Salzstraßen. 

Während es im Mittelalter den Fuhrleuten noch freigestellt war, dort zu fahren, wo sie günstige Bedingungen vorfanden, vereinbarten die Könige von Böhmen und die sächsischen Herrscher im 15.Jh. ein Geleitssystem, das bei hoher Strafandrohung die Einhaltung der VIA REGIA zwischen Leipzig und Legnica (Liegnitz) erzwang.

Als Heerstraße wurde die Straße letztmalig von Napoleon genutzt. Spätestens mit Fertigstellung der Bahnlinie zwischen Leipzig und Breslau endete 1876 der Fernhandel auf der sächsischen VIA REGIA.

Im Laufe der Jahrhunderte unterlag die VIA REGIA in ihrem Verlauf in Sachsen vielfachen Verlagerungen von Teilstrecken. Sei es aus wirtschaftspolitischen Gründen oder straßenbautechnischen. Unreperabel zerfahrene Trassen wurden einfach aufgegeben und Parallelstrecken ausgewiesen. So lässt sich die sächsische VIA REGIA in ihrer historischen Gestalt nicht als einzelne, lineare Verbindung zwischen ihren Endpunkten darstellen.

 

Karte sächsischer Handelsstraßen, Kupferstich 1752 (Archiv der ADJ e.V.)  Zur hochauflösenden Darstellung in die Karte klicken.

Die historische VIA REGIA durch Sachsen

Die Vorläufer der sächsischen VIA REGIA lassen sich bis zur Bronzezeit zurück verfolgen. Innerhalb eines durch geographische Bedingungen begrenzten Korridors wurde dort gefahren, wo es möglich war. Im Verlauf der Jahrhunderte bildeten sich Straßen heraus, die Sumpf- und Überschwemmungsgebiete mieden und auf natürliche Furten durch Gewässer angewiesen waren. Städte wie Leipzig, Großenhain, Bautzen und Görlitz entstanden nach der ersten Jahrtausendwende jeweils an Furten. Der durch die Lage an der Handelsstraße erzielte Wohlstand machte es diesen Städten allmählich möglich Brücken zu errichten.

In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Straße zur Geleitstraße erklärt. Die zu befahrende Route wurde für den Handelsverkehr zwingend festgelegt. Um bezahlten Straßenschutz und Zölle vielerlei Art erheben zu können, entstand ein umfassender Straßenzwang, dessen Umgehung strengstens geahndet wurde, bis hin zu Beschlagnahme von Waren und Wagen (Die letzte Beschlagnahmung erfolgte 1837). Die früheren bewaffneten Geleitzüge hatten sich wandelten sich in ein schriftliches Geleit gewandelt, eine Art Schadens­Versicherung. Vor allem aber dienten die Geleitgelder dazu, die Staats- und Stadtkassen zu füllen. In die Instandhaltung der Straße floss wenig zurück.

Jeweils eine Tagesreise (25 - 35 km] entfernt lagen die Geleitstädte mit Einnahmestellen für den Straßenzoll, Ausspannen, Nachtquartieren und Reparaturmöglichkeiten. Während die befestigten Städte an der Straße erheblichen Nutzen für ihr wirtschaftliches Gedeihen erzielen konnten, traf das für die kleinen Ortschaften nicht zu, da Dörfer von der Straßenführung nach Möglichkeit umgangen wurden. Im Kriegsfall jedoch waren Dörfer im Straßenkorridor von den Verheerungen durchziehenderTruppen stark betroffen.

Für Fußreisende war die Nutzung der VIA REGIA kostenlos, weshalb sie von Pilgern nach Santiago de Compostela für ein schnelles Vorwärtskommen bevorzugt wurde. Der Ökumenische Pilgerweg von Görlitz nach Vacha orientiert sich amVerlauf der historischen VIA REGIA des hohen Mittelalters.

Zustand der Straße

Bis ins 18. Jahrhundert gab es, außer in den Geleitstädten, keine mit Steinen befestigten Straßendecken. So bestand die Straße überwiegend aus tief eingefahrenen Spurgleisen bis hin zur Bildung von Hohlwegen. Bei tief ausgefahrenen Gleisen drohte den Fuhrleuten die Gefahr festzufahren und von Achsschäden. Sie umfuhren nach Möglichkeit die Schadstellen und legten so, zum Schaden der Landbesitzer, zusätzliche Spurgleise an. Der Bau befestigter Straßen begann in Sachsen erst im 18. Jahrhundert, als man die Bedeutung eines funktionellen Straßensystems für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes erkannt hatte.

 

Fuhrwerk auf der alten Jahnabrücke in Seerhausen   (Montage P. Griepentrog)

Fuhrwerke und Fuhrleute

Die Wagen waren für Fernstrecken meist mit fünf Pferden bespannt, zwei mal zwei und ein von Hand geführtes Leitpferd. Bei sehr schwerer Fracht mit bis zu maximal acht Pferden. Die Die Fahrleistung betrug zwischen 25  - 35 km am Tag. Verpackt wurde das Transportgut in Fässer oder in gewachstes Leder. Die Fuhrleute besaßen ein relativ hohes Maß an Bildung, da Lesen, Rechnen und die Kenntnis der jeweiligen Gesetzgebung in verschiedenen Landessprachen für ihre Orientierung unabdingbar waren.

Die VIA REGIA in der Region Riesa

In unserer Region gibt es zwei Routen der VIA REGIA, die sich in ihrer Bedeutung abgelöst haben. Die Strecken waren gebunden an eine sichere Furt durch die Elbe, die in Strehla und in Merschwitz gegeben waren. Die von der Bedeutung her ältere Route führte von Wurzen her kommend über Strehla. Beide Routen waren lange nebeneinander in Gebrauch. Ab ca. 1400 wurde die Route als Geleitsstraße festgelegt. Die Elbequerung verlagerte sich von Strehla/Lorenzkirch nach Boritz Merschwitz und der Verlauf über Oschatz zwingend. Die Straße über Strehla war nun für den Fernverkehr nicht mehr zulässig, wurde aber von risikobereiten Fuhrleuten weiterhin genutzt.

Die Verbindung zwischen Oschatz und Großenhain für den Regionalverkehr führte über Ganzig, Weida, Riesa, Göhlis, Moritz, Nünchritz und Skassa. Sie war als Nebenstrecke für den Fernverkehr nur in Sonderfällen zugelassen.

 

Die VIA REGIA zwischen Seerhausen und der Elbe.                                Karte hergestellt mit OpenStreetMap-Dateinen   Lizenz: Creative Commons BY-SA 2.0 / 2012

Der Verlauf der VIA REGIA zwischen Oschatz und Großenhain hat sich geographisch seit dem 15. Jahrhundert nur unbedeutend verändert, ist also in das heutige Straßen- und Wegenetz eingegangen. Von Oschatz über Lonnewitz bis zum nördlichen Ortseingang von Seerhausen entspricht sie dem Verlauf der heutigen B 6. In Seerhausen überquert die VIA REGIA die Jahnaaue um am südlichen Ortseingang um 90° nach Osten abzubiegen und möglichst gradlinig über Jahnishausen, Böhlen, Heyda und Boritz der Elbe zuzustreben. In Gostewitz biegt sie noch einmal scharf ab, um hier die Keppritz zu überqueren.

Der Verlauf des ökomenischen Pilgerwegs ist nur abschnittsweise identisch mit der historischen VIA REGIA. Er orientiert sich in der Elbregion am älteren Verlauf der Via Regia über Strehla, zumal dort eine Fährverbindung zur Verfügung steht. Er folgt der historischen Route der Handelsstraße, wo die Straßen und Wege gegenwärtig nicht mehr stark befahren werden. Zwischen Skassa und Strehla können die Pilger zwischen einem rechts- und einem linkselbischen Weg, über Riesa, wählen.

Die Kulturroute VIA REGIA in Sachsen

Zur Entwicklung der VIA REGIA in Sachen gründete sich 2003 der Verein VIA REGIA Begegnungsraum Landesverband Sachsen e.V. Er will die VIA REGIA als Europäische Kulturroute in Sachsen als solche bekannter machen und vernetzt Initiativen im VIA REGIA-Korridor im Sinne eines internationalen Begegnungsraums, in dem kulturelle Traditionen gepflegt und neues Kulturschaffen gefördert und ausgetauscht wird.  Als internationalesProjekt wirkt der Verein in Zusammenarbeit und Austausch mit Partnern anderer deutscher Länder und europäischer Staaten. Die Accademia Dantesca Jahnishausen e.V. ist Mitglied im sächsischen VIA REGIA-Landesverband seit 2009.